Für eine nicht-„trumpierte“ Welt

Dienstag, 7. Februar 2017

Was der sozial sehr engagierte US-Christ Jim Wallis gegen Trumps politische Eskapaden vorschlägt, ist auch für uns in Europa hilfreich.

Wir wehren uns gegen den weißen Nationalismus« von Jim Wallis

Aus: Publik-Forum 1/2017

In den USA hat Jim Wallis, der Vordenker vieler sozialkritischer Christen, einen Zehn-Punkte-Plan für den Widerstand gegen Trump vorgestellt:

  1. Wir werden den Glauben vertiefen: Diese Zeiten verlangen von uns einen moralischen Kompass. Wir müssen dabei reflektieren, statt auf brüchige Sicherheiten zu setzen. Es reicht nicht, einfach zu glauben. Es braucht tätige Praxis. Nötig ist Mut, aber auch Demut. Lesen und studieren wir die Worte von Jesus. Folgen wir einem multiethnischen und global orientierten Glauben. Wie der Prophet Micha sagte: „Praktiziere Gerechtigkeit, liebe die Güte und folge Gott in Demut.“
  2. Wir werden die Wahrheit betonen: Halten wir uns in Diskussionen über Einwanderer, Flüchtlinge, Muslime, Unterschiede zwischen Rassen und die nationale Sicherheit immer an die Fakten und flüchten nicht in Angst. Wir brauchen dringend Erzählungen über ein Amerika als Heimat verschiedener Ethnien, da wir auf eine Zukunft zusteuern, in der die USA keine Nation mit weißer Mehrheit mehr sein werden.
  3. Wir werden uns gegen den weissen Nationalismus wehren: Für uns sind Rassismus und Fremdenfeindlichkeit Sünden an unseren Nachbarn und an Gott, der uns nach seinem Ebenbild schuf. Wir alle müssen dafür sorgen, dass sich unsere Nation in die Zukunft bewegt und nicht in die Vergangenheit. Nehmen wir deshalb Verschiedenheit als Geschenk an, als Segen und grosse Chance für unsere Nation.
  4. Wir werden unsere Nachbarn vor Hassreden und Angriffen schützen: Wir unterstützen Bevölkerungsgruppen, die in Angst leben, weil sie zur Zielscheibe von Rassenhass wurden. Insbesondere stehen wir an der Seite von Eltern, die sich um die Sicherheit ihrer farbigen Kinder sorgen. Wehren wir uns gegen jedwede Hassrede, gegen wen sie sich auch immer richtet: ethnische und religiöse Minderheiten, Frauen, Homosexuelle, Einwanderer und Gruppen, die an den Rand gedrängt werden.
  5. Wir werden Fremde willkommen heißen: Wir werden uns gegen die geplante Massenabschiebung von Einwanderern zur Wehr setzen, die gesetzestreue und hart arbeitende Mitglieder unserer Gemeinschaften sind. Wir müssen Einwanderer und ihre Familien in unsere Gemeinden einladen, um sie zu schützen. Wir werden Staatsbeamte aufrufen, sich nicht an der Registrierung von Einwanderern zu beteiligen – und die Polizei im Zweifel zwingen, die Einwanderer in unseren Kirchen zu verhaften, anstatt sie zu Hause abzuholen.
  6. Wir werden uns gegen eine Polizei wehren, die nach Rassenzugehörigkeit fahndet: Wenn das Justizministerium und das Weiße Haus Polizisten nicht mehr dazu verpflichten, dem Gesetz zu gehorchen, dann müssen unsere religiösen Gemeinschaften diese Rolle übernehmen. In ökumenischer Zusammenarbeit mit anderen religiösen Gruppen müssen unsere Gemeindevertreter vor Ort den Dialog mit Sheriffs und Polizeidirektoren suchen. Und klarmachen, dass unsere Glaubensgemeinschaften die Arbeit der Polizei genau beobachten und im Konflikt darüber Bericht erstatten.
  7. Wir werden die religiöse Freiheit verteidigen: Wir werden uns gegen die Verleumdung und Ausgrenzung von Muslimen wehren. Wir müssen sie als amerikanische Mitbürger achten und dafür sorgen, dass sie keine Angst vor Angriffen haben müssen. Gleichzeitig müssen wir auch Widerstand leisten gegen den Antisemitismus, der im Zuge des weißen Nationalismus wächst.
  8. Wir werden für das Ende der Frauenfeindlichkeit kämpfen: Wir müssen alles unternehmen, um Frauenfeindlichkeit durch Respekt zu ersetzen. Wir verwahren uns gegen die Sprache, die während des Wahlkampfes gegenüber Frauen herrschte. Wir werden sexuelle Gewalt als das bezeichnen, was sie ist: eine Sünde und ein Verbrechen. Fairness und Gleichberechtigung aller Geschlechter müssen zu grundlegenden Prinzipien an den Arbeitsplätzen, an den Schulen und im politischen System werden.
  9. Wir werden grundlegende Werte verteidigen: Für Ziele wie Gerechtigkeit, faire Arbeitsbedingungen, Klimagerechtigkeit und Umweltschutz werden wir auf den Straßen, in Schulen, an den Arbeitsplätzen kämpfen – in Würde, diszipliniert und gewaltlos. Wir werden nicht Hass mit Hass vergelten. Wir achten die Verfassung und die demokratischen Prozesse.
  10. Wir werden zuhören: Unsere Nation ist derzeit gespaltener als je zuvor in der jüngeren Geschichte. Deshalb müssen unsere christlichen Gemeinschaften zu Orten werden, in denen sich die Menschen zuhören, in denen wir unsere Schmerzen, unsere Ängste und unsere Hoffnungen teilen. Ebenso sollten unsere Schulen und Universitäten zu Orten werden, an denen Dialog und Austausch stattfinden und die Bedeutung von Verschiedenheit und unterschiedlichen Meinungen erfahren werden kann.

Jim Wallis, geboren 1948, gründete einst die christliche Gemeinschaft Sojourners, um die sich seit vielen Jahren friedensbewegte und sozialkritische Christen scharen. Wallis lehrt an der Harvard University und trat beim Weltwirtschaftsforum in Davos auf. Übersetzt und gekürzt von Wolfgang Kessler