Lateinamerikanische Bischöfe fordern „Systemwechsel“

Dienstag, 3. April 2018

Fastenopfer wird bestätigt

Hirtenbrief der lateinamerikanischen Bischöfe

Der lateinamerikanische Bischofsrat CELAM veröffentlichte vor einigen Tagen einen Hirtenbrief zu den aktuellen ökologischen und ökonomischen Krisen auf ihrem Kontinent. Im Schreiben ruft er – wie derzeit auch die Ökumenische Kampagne von Fastenopfer und Brot für alle – zu einem grundlegenden Systemwandel auf.

Es ist ein Aufruf zum Handeln: Anknüpfend an die päpstliche Enzyklika Laudato si’ und vorbereitend auf die Amazonas-Synode im kommenden Jahr betonen die Bischöfe des Kontinents, dass die „Sorge um unser gemeinsames Haus“ nicht einfach eine Modeströmung oder beliebige Option ist, sondern „ein unverzichtbarer Teil unseres Christseins“. Ihre Botschaft: Angesichts der Krise müssen und können wir aber auch die Zukunft des Planeten gestalten. Daraus folgt ein entschiedener Aufruf an die Christ/innen und alle Menschen guten Willens, sich sowohl für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen als auch die Interessen der Armen, Schutzbedürftigen, Ausgegrenzten und Diskriminierten zu engagieren.

Fastenopfer steht in engem Kontakt mit Gemeinden, die vom Rohstoffabbau betroffen sind, und teilt die Analyse der schwerwiegenden ökologischen und sozialen Auswirkungen. Nicht selten verlieren die Menschen vor Ort wegen dem Rohstoffabbau ihren Lebensraum und ihre Lebensgrundlagen. In Entscheide, die ihr Leben grundlegend verändern, werden die betroffenen Männer und Frauen oft nicht angemessen einbezogen. Sie tragen aber die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Kosten.

Verteidiger/innen der Menschenrechte zunehmend unter Druck
Immer mehr betroffene Gemeinden auf dem ganzen Kontinent wehren sich dagegen, dass ihre Lebensgrundlagen dem Profitstreben von Konzernen und dem Konsumwahn immer breiterer Schichten weltweit geopfert werden. Ihr Einsatz für die Menschenrechte und für die Umwelt macht ihre Repräsentant/innen aber nicht selten zum Opfer von Diffamierung, Kriminalisierung und Gewalt. Die Zahl der Morde an Menschenrechtsverteidiger/innen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen.

Mit deutlichen Worten beklagen denn auch die lateinamerikanischen Bischöfe, dass zugleich „die sozialen und ökologischen Konflikte, die Anzeigen wegen gravierender Menschenrechtsverletzungen und die negativen Auswirkungen des Rohstoffabbaus auf die Gesundheit der Dorfbevölkerung und der Erde“ in alarmierender Weise zugenommen haben. Klartext spricht der Hirtenbrief insgesamt, so warnt er auch vor Initiativen, mit denen Bergbauunternehmen kirchliche Kreise gegen Bauten, Geldzahlungen oder andere Gefälligkeiten als Sympathisanten ihrer Megaprojekte gewinnen wollen. Dies ist eine Tendenz, auf die Partnerorganisationen von Fastenopfer seit einigen Jahren kritisch aufmerksam sind.

Folgen des Profitstrebens spürt auch Fastenopfer
Besonders eingehend werden im Hirtenbrief die Herausforderungen beleuchtet, die der Rohstoffabbau in Lateinamerika mit sich bringt. Diese „masslose Tendenz des Wirtschaftssystems, die Güter der Natur in Kapital umzuwandeln“ und in kurzer Zeit möglichst viele Rohstoffe abzubauen, um daraus Konsumgüter zu produzieren, zerstöre die Natur und erschöpfe die natürlichen Ressourcen weit über das Mass hinaus, in dem sie sich wieder regenerieren können.

„Mit seinen deutlichen Worten ist dieser Hirtenbrief eine wichtige Anerkennung und Ermutigung für Fastenopfer und unsere Partnerorganisationen, insbesondere in Lateinamerika“, sagt Doro Winkler, Verantwortliche für „Rohstoffe und Menschenrechte“ bei Fastenopfer – so z.B. für das ökumenische Netzwerk „Iglesias y Minería“, das mit seinem mutigen Engagement für den Schutz der lokalen Territorien und ihrer Bevölkerung namentlich als positives Beispiel erwähnt ist.

Der Aufruf der Bischöfe Lateinamerikas hat für Fastenopfer aber über die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen vor Ort hinaus auch weltweit eine zentrale Bedeutung. So bestätigt und bestärkt er das Hilfswerk, sich weiterhin in der Schweiz und international dafür einzusetzen, dass die Konzerne wie die Staaten verbindlich Verantwortung übernehmen müssen für Menschenrechte und Umwelt.

Ebenso macht der Text auf eindrückliche Weise deutlich, dass wir eine Rohstoffwende und einen grundlegenden Wandel des vorherrschenden Wirtschafts- und Konsummodells weltweit brauchen.

Zu einem solchen Wandel rufen Fastenopfer und Brot für alle in der aktuellen Ökumenischen Kampagne auf. Ein unbegrenztes Wachstum auf einem begrenzten Planeten sei aufgrund von physischen, ökologischen und sozialen Gründen nicht machbar, wie auch die lateinamerikanischen Bischöfe in diesem neuesten Schreiben warnen.