Positiv die Welt verändern

Mittwoch, 14. Dezember 2016

Wie man umweltgerecht handeln kann, ohne griesgrämig zu werden, erzählt ein Artikel in der deutschen Zeitschrift Publik-Forum. Mit sehr guten Anregegungen ….

Diesseits der Apokalypse
Eine Gesellschaft ist nicht durch Negatives zur Veränderung zu bewegen, sondern durch positive Leitbilder, durch Chancen und Motivation.« (Achim Steiner, der bis zum Sommer Chef des UN-Umweltprogramms Unep war) Für den Psychologen und Ökonomen Stoknes ist der Widerstand gegen Veränderung psychologisch gut zu erklären: Die »Sprache der Wissenschaftler ergibt Sinn auf der faktischen Ebene, aber nicht auf der sozialen Ebene.« Die alarmierenden Klimafakten prallten an mehreren Schutzmauern ab: Die Probleme entstehen nicht hier und jetzt, sondern woanders und später; die Horror-Geschichten über den Klimawandel führten dazu, dass das Thema vermieden werde. (…)

Am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung haben die Wissenschaftler inzwischen den Slogan geprägt: »Es kostet nicht die Welt, den Planeten zu retten.« Er nimmt die Verlustängste ernst, die sich bei ernsthaftem Umweltschutz einstellen können. Bisher allerdings heisst die Strategie der Klimaretter oft noch: Wenn die Medizin nicht hilft, dann wird die Dosis erhöht – noch mehr schockierende Studien, noch mehr alarmierende Berichte, noch mehr spektakuläre Aktionen.

Per Espen Stoknes dagegen rät, einen anderen Weg einzuschlagen: »Wenn es nicht funktioniert, versucht etwas anderes.« Seine Vorschläge:

  • Handeln mit Gleichgesinnten in Gruppen, die sich unterstützen und anfeuern, die Energie sparen oder politisch aktiv werden – »nichts ist besser, als sich zu vergleichen«, etwa im Büro: »Wer kommt mit den wenigsten Ausdrucken auf Papier aus?« Oder im Verein: »Wer kommt zu Fuß oder mit dem Fahrrad zum Training?«
  • Positive Geschichten erzählen: Die Vorzüge von Klimaschutz für Gesundheit, gute Jobs, grünes Wachstum betonen. Klimaschutz als »Versicherung« und Rettung von Werten begreifen. »Solarzellen auf dem Dach und eine Batterie machen unabhängig von Stromkonzernen« – so lassen sich Stoknes zufolge in den USA auch Teile der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung für die Fotovoltaik gewinnen.
  • Klimaschutz unkompliziert machen: Flugtickets automatisch mit CO2-Ausgleichszahlungen berechnen, kleinere Teller im Restaurant einführen, Doppelseitendruck als Standardeinstellung an Druckern vorsehen oder vegetarisches Essen zur Norm machen.
  • Spannende und persönliche Geschichten über Klimaschutz erzählen: Beispiele für grünes Wachstum geben, Nähe herstellen, etwa über die Auswirkungen des Klimawandels hierzulande auf Angler (fast vier Millionen Menschen in Deutschland) oder die Qualität von Weinen sprechen.
  • Polarisierung vermeiden: Auch wer wissenschaftliche Fakten ablehnt, solle nicht als »Leugner« bezeichnet werden, das verhindere nur die Kommunikation. Statt über Wissenschaft zu sprechen, solle man über die Gefühle und Motivationen des Gegners sprechen, ihn fragen, warum er bestimmte Klimaschutzmaßnahmen ablehne, warum er Angst vor einer Änderung des Lebensstils habe

Ob Umweltverbände wie Greenpeace, die stark auf Konfrontation und Katastrophen-Beschwörung setzen, dazu bereit sind? Die neue Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan gesteht zwar ein, dass die Ökos »nicht nur warnen dürfen, sondern auch Lösungen vorlegen müssen«. Doch sie weist auf einen anderen, entscheidenden Aspekt hin: »Am Ende geht es immer um Machtdynamik. Wer hat die Macht, Regierungen zu beeinflussen, die Industrie oder die Menschen?« Es braucht wohl beides: klare Forderungen an die Mächtigen und positive Geschichten eines gelingenden Engagements. Eisbär ohne Eis: Das Foto soll für den Klimawandel sensibilisieren.

Bernhard Pötter

Dieser hier gekürzte Artikel stammt aus Publik-Forum, Heft 22/2016